Bernhards Spielbericht zum 3. Spieltag Go-Bundesliga 2019/20 (Greifswald / Rhein-Main)

Franken Aufess’ Mannschaftskapitän Bernhard Gaissmaier hat den Bericht des dritten Spieltags der aktuellen Saison verfasst, über alle Partien der beiden Mannschaften.

Die Erlanger Go-Gruppe dankt Bernhard wieder einmal ganz herzlich dafür!


Go-Bundesliga Runde 3, 21.11.2019

Franken Aufseß 1 (FA1) muss gegen die nominal deutlich überlegene Mannschaft von Roter Stern Greifswald, Franken Aufseß 2 gegen die etwa gleichstarke Mannschaft von Steinfuchs Rhein-Main 1 antreten. Beiden Franken Aufseß Teams gelingt ein Unentschieden. FA2 kann sich damit auf Platz 1 (punktgleich mit Go-Freunde Aachen Düsseldorf) behaupten, während FA1 nun auf Platz 7 in gefährliche Nähe zu den Abstiegsplätzen abgerutscht ist.


Die Partien von Franken Aufsess 1 gegen Roter Stern Greifswald:

Brett 1: Karl Beugler (S) – Volkmar Liebscher (W)

Am Spitzenbrett von FA1 spielt Karl gegen Volkmar Liebscher 4d. Im Fuseki spielen beide verhalten und vermeiden riskante Invasionen. Aus der Ecke oben links kommt Karl mit leichtem Vorteil heraus, das gibt ihm die Initiative. Er könnte sie gut für eine Invasion oben nutzen, aber er baut lieber sein Moyo rechts aus.

Volkmar macht links Gebiet, im Gegenzug versucht Karl durch einen Angriff auf die Ecke rechts unten am unteren Rand eine Basis zu bekommen. Volkmar kann dadurch sein Gebiet links deutlich vergrößern, aber Karl kann sein Moyo zu einer beeindruckenden Größe ausbauen, so dass sich Volkmar zu einer Invasion gezwungen sieht.

Karl antwortet geschickt, er kann einen guten Teil des Moyos retten, aber Volkmar kann mit seiner Gruppe fliehen. Das Ergebnis der Aktion wirkt jetzt eher wie eine Reduktion als eine Invasion. Volkmar reduziert nun auch die S am unteren Rand, aber Karl ignoriert das und zettelt einen hinterhältigen Angriff auf die W oben an. Das ist ziemlich riskant, weil W dafür das S Moyo rechts teilweise auffrisst und außerdem die S rechts oben in Gefahr kommen. Aber Karl kann seine bedrohten Steine mit einem eleganten Tesuji nach links anbinden.

Danach jedoch überreizt Karl. Er greift die W im Zentrum zu verbissen an und gefährdet dadurch seine eigenen Gruppen links und unten. W kann unten viel Gebiet machen und geht dadurch leicht in Führung. Die Partie bleibt bis zum Schluss knapp, Volkmar gewinnt schließlich mit 3 Punkten.


Brett 2: Bernhard Gaissmaier (W)  – Malte Gerhold (S)

Ich (Bernhard) führe gegen Malte Gerhold 3d die weißen Steine. Malte eröffnet mit 4-4, 3-5, ich antworte mit 4-4, 3-4. Nach einem Standard-Joseki links lasse ich mich zu einem Angriff auf den 3-5 verleiten. Das war keine gute Idee, denn Malte nutzt das geschickt zum Aufbau eines Moyos rechts. Ich hätte besser den 4-4 angegriffen oder rechts einen Split gespielt. Um Maltes Moyo nicht zu fest werden zu lassen, entschließe ich mich zu einer Invasion. Malte leistet heftigen Widerstand und vergrößert dabei sein Moyo oben.

Ich bilde mir nach einigem Nachdenken ein, dass meine Invasionsgruppe lebt und starte eine 2. Invasion oben. Malte schließt meine Invasionsgruppe rechts ein. Ich merke zu spät, dass meine Vorüberlegungen fehlerhaft waren und versuche verzweifelt, die Gruppe zum Leben zu bringen. Als das scheitert, gebe ich auf, da ich den großen Verlust in keiner Weise kompensieren kann.

Young Sun zeigt mir später, dass die Gruppe leben hätte können, vermutlich aber Schwarz dafür meinen rechten Rand zertrümmert hätte. Die Partie wäre ähnlich aussichtslos gestanden. Der eigentliche Fehler war die falsch gewählte Fuseki-Strategie, die mich zu solch riskanten Manövern gezwungen hat.


Brett 3: Dani Amhof (S) – Stephan Thober (W)


An Brett 3 spielt Dani gegen Stephan Thober 2d. Dani wählt das Kobayashi Fuseki. Die Fortsetzung ist etwas ungewöhnlich. Dani hätte die Ecke rechts unten sichern können, aber er sichert lieber den rechten Rand. Klar, dass Stephan dann die Ecke rechts unten angreift.

Dani macht Gebiet am unteren Rand, Stephan bekommt Einfluss. Dani sichert seine Steine links unten, verliert dadurch aber die Initiative. Nun verlagert sich das Geschehen nach oben und dann an den linken Rand. Ein etwas ungeschickter Deckungszug bringt Dani in schwere Bedrängnis. Er steht nun vor dem Dilemma: überlässt er W einen großen Teil des unteren Randes oder riskiert er seine Gruppe links?

Dani verteidigt den unteren Rand. Logisch, dass Stephan mit einem tödlichen Angriff auf die S links antwortet. Dani versucht erst verzweifelt, die Gruppe zu retten. Als er sieht, dass alles nur noch schlimmer wird, gibt er die Gruppe auf und vergrößert lieber seinen unteren und den rechten Rand. Weiß bekommt dafür einigen Einfluss im Zentrum. Dani unterbricht den Kampf im Zentrum und wechselt zum oberen Rand.

Aber Dani will zu viel, schnell wird aus dem Jäger der Gejagte. Dani bricht den Kampf oben ab und wendet sich dem Zentrum zu. Sie kann W die Augenbasis nehmen, aber W kann ausbrechen. Dani versucht das zu verhindern, aber eigentlich ist der Versuch zum Scheitern verurteilt. Wegen Zeitnot macht Stephan einen trivialen Fehler, so dass Dani die Gruppe doch noch einschließen kann. Stephan überlegt dann etwas zu lange und verliert deshalb durch Zeitüberschreitung.

Dieser Sieg von Dani rettet Franken Aufseß 1 das Unentschieden, aber er entspricht nicht dem Spielverlauf. Karl war in seiner Partie dem Sieg deutlich näher als Dani.


Brett 4: Nikolai Nagel (W) – Carsten Hermann-Garitz (S)

An Brett 4 tritt Nikolai gegen den Mannschaftsführer Carsten Herrmann-Garitz 4k an. Carsten eröffnet im Stil von Cho Chikun mit 2x 3-3, Nikolai mit 4-4, 3-4. Nikolai überrascht gleich mit einem ungewöhnlichen Joseki, spielt aber zunächst friedlich weiter und gibt Carsten Gelegenheit zu einem (recht unfertigen) Moyo oben. Danach greift Nikolai den 3-3 unten rechts an. Nach dem Joseki revanchiert sich Carsten mit einem Angriff auf den 4-4 links unten. Auf den Pincer Nikolais antwortet Carsten zu ängstlich. Dadurch kann Nikolai links viel Gebiet machen. Zwar kann Carsten den unteren Rand deutlich reduzieren, dafür werden aber seine Steine links unten schwach. Er kann sie mit Mühe mit den Steinen links oben verbinden, aber diese Riesengruppe hat erst 1 Auge. Nikolai greift dort aber nicht weiter an, sondern reduziert erst das weiße Moyo rechts oben. Als Carsten im weiteren Verlauf ängstlich seine Riesengruppe links sichert, nutzt Nikolai das zu einem vehementen Angriff auf die W oben. Carsten möchte sowohl die Gruppe oben retten wie auch rechts Gebiet machen. Das ist zu viel verlangt. Carsten verteidigt oben ungeschickt. Nikolai nutzt das kühl aus. Die Gruppe oben ist nun ein hässlicher Klumpen, der zum Opfern zu groß ist. Ein dankbares Angriffsziel. Nikolai sichert nebenbei seine eigene Gruppe, bevor er zum finalen Stoß ansetzt. Carsten versucht verzweifelt, die Gruppe zum Leben zu bringen, aber Nikolai gibt ihm keine Chance für ein 2. Auge. Als Carsten erkennen muss, dass die Gruppe unwiderruflich dem Untergang geweiht ist, gibt er zu recht auf.


Die Partien von Franken Aufsess 2 gegen Steinfuchs Rhein-Main 1:

Franken Aufsess 1 konnte gegen die Mannschaft Steinfux Rhein-Main zwei der vier Partien gewinnen.

Brett 1 : Barbara Harrer (S) – Bernhard Herwig (W)

Barbara trifft an Brett 1 auf den Routinier Bernhard Herwig 1k. Barbara eröffnet mit Ni-ren-sei, Bernhard antwortet mit 4-4 / 3-5. Erst werden die Ecken links unten und rechts oben gespielt, dann konfrontiert Bernhard Barbara in der Ecke links oben mit dem wegen seiner komplizierten Varianten gefürchteten Taisha Joseki. Barbara wählt eine einfache Variante, kommt mit erheblichem Rückstand und Nachhand aus dieser Sequenz heraus. Bernhard nutzt die Initiative zu einem Angriff auf die letzte Ecke rechts unten. Anschließend reduziert Barbara das W Gebiet links. Sie kann dabei etwas Einfluss nach rechts aufbauen, der wird aber wegen der dortigen W nicht besonders wirksam. Nun wagt Bernhard eine Invasion unten. Diese ist nur mäßig erfolgreich. Ein Teil der W kann nach links entkommen, der Rest stirbt. Allerdings muss Barbara dafür eine Ko-Drohung unbeantwortet lassen. Bernhard bestraft sie umgehend, indem er die Ko-Drohung weiterführt und dadurch die obere Ecke weiß wird. Barbara versucht vergeblich, den weißen Vorsprung aufzuholen. Im Gegenteil, er wird langsam, aber stetig größer. Barbara verliert hoch.


Brett 2: Hendrik Reinke (W) – Matthias Hillenbrand (S)

Hendrik kreuzt die Klingen mit Matthias Hillenbrand 2k. Hendrik beantwortet einen Angriff auf die Ecke oben links mit einem weiten Pincer. Hendrik (weiß) bekommt die Ecke, Matthias Einfluss oben. Der weiße Pincer bleibt dabei dünn und übt kaum Druck auf die Schwarzen aus; Weiß sollte ihn unbedingt verstärken. Hendrik greift stattdessen die Ecke oben rechts an und etabliert damit ein Moyo am rechten Rand. Matthias nutzt die Schwäche von Weiß am linken Rand zu wenig aus und erweitert lieber sein Moyo unten. Hendrik startet eine zweifelhafte Invasion in den Rand oben. Dadurch kann er Schwarz oben einige Punkte abnehmen, aber Schwarz bekommt im Gegenzug viel Einfluss. Hendrik greift die S nun von links an; wegen eines Fehlers von Matthias kann er einige schwarze Steine fangen. Er muss aber in Kauf nehmen, dass Weiß am linken Rand schwach wird. Matthias baut den linken Rand zu seinem Gebiet aus und führt damit leicht. Hendrik startet einen Angriff gegen die S unten. Aber das wird eher ein Bumerang: S kann sein Moyo links zu einer furchterregenden Größe ausbauen, während W kaum Gebiet hinzugewinnt.

Nun lässt sich Matthias zu einer Invasion rechts hinreißen; er sollte lieber sein Moyo in festes Gebiet umwandeln und Weiß rechts reduzieren. Nachdem Matthias mit der Invasion unfreiwillig Weiß rechts gestärkt hat, schaltet er radikal auf Gebietssicherung um und überlässt Hendrik das Moyo rechts ohne Reduktion. Dadurch kann Hendrik den Rückstand aufholen. Bei dem anschließenden Kampf im Zentrum verteidigt S nicht umsichtig genug, so dass Hendrik das schwarze Moyo links deutlich reduzieren kann. Dadurch kippt die Partie zugunsten von Weiß. Zu Beginn des Endspiels führt Hendrik mit ca. 10-15 Punkten. Diesen Vorsprung kann er durch behutsames Spiel bis zum Schluss halten.


Brett 3: Simon Mayer (S) – Rolf Sander (W)


Simon spielte bereits am Dienstag gegen Rolf Sander 2k. Er fordert Rolf gleich mit 4-4 / 4-5 heraus. Rolf nimmt die Herausforderung an und springt noch vor der Besetzung der 4. Ecke in die 4-5-Ecke. Simon antwortet mit einem üblichen Joseki, nutzt aber die erste Gelegenheit, um fernzubleiben und die 4. Ecke zu besetzen.

Bald spielt Rolf eine zu weite Ausdehnung. Simon nutzt das für eine 3-3-Invasion und schneidet dann frech. Das geht eigentlich nicht, W könnte den Schnittstein mit Treppe fangen. Aber W streckt lieber, so dass S seine Offensive fortsetzen kann. S opfert 2 Steine für Einfluss am linken Rand. Das war ein gutes Geschäft, S liegt nun in Führung. Eine Invasion von W am linken Rand beantwortet S mit einem Pincer am rechten Rand, mit dem er seine etwas dünne Ecke stärkt. Danach entspinnt sich links ein heftiger Kampf, aus dem Simon als klarer Sieger hervorgeht. Obwohl er damit mit ca. 30 Punkten vorne liegt, lässt er sich zu einem haarigen Kampf im Zentrum hinreißen. Er opfert erst 2 und dann nochmals 3 Steine, um die W am rechten Rand kraftvoll angreifen zu können. Young Sun zeigt später, dass dieses Vorgehen überzogen ist und dass Rolf die zentrale Gruppe Simons ernsthaft in Gefahr bringen oder einen großen Teil des rechten Randes erobern könnte. Rolf greift die zentrale Gruppe von S vehement an, findet aber nicht den richtigen Schlüsselzug und muss aufpassen, dass sein Angriff kein Bumerang wird. Dadurch schafft Simon es, seine zentrale Gruppe zum Leben zu bringen und gleichzeitig seinen rechten Rand zu retten. Rolf ist nun chancenlos und gibt mit Recht auf.

Brett 4: Gerd Heinrich (W) – Michael Eifinger (S)

An Brett 4 spielt Gerd gegen Michael Eifinger 3k. Michael spielt ein schnelles Fuseki mit einem hohen und weiten Shimari, wie man es heute oft sieht. Gerd antwortet mit einem Split. Danach springt S in die Ecke links oben, spielt das Joseki aber nicht zu Ende, sondern greift W unten links an. Gerd antwortet mit einem Gegenangriff gegen das Shimari rechts. Beide haben nun mehrere schwache Gruppen. In dem folgenden Kampf zieht Gerd deutlich den kürzeren: Michael bringt seine 3 Gruppen mit Gewinn zum Leben, Gerd muss einige wichtige Steine opfern, um mit dem Rest zu leben. Michael nutzt die Vorhand, um das W Moyo oben links zu reduzieren. Es gelingt Gerd im weiteren Verlauf nicht, seinen Verlust unten wieder auszugleichen, Michael hält seinen Vorsprung bis zum Schluss.