Bernhards Spielbericht 6. Spieltag Go-Bundesliga 2019/20 (Meckl.-Vorp. / Hannover)

Bernhard hat den Bericht über die Partien des sechsten Spieltags für beide Mannschaften verfasst.
Die Erlanger Go-Gruppe dankt Bernhard wieder einmal ganz herzlich dafür!


In dieser Runde muss FA1 gegen Mecklenburg Vorpommern United 1 und FA2 gegen die Hannover Wölfe antreten. MV1 ist nominell deutlich stärker als wir, die Hannover Wölfe sind etwa gleich stark.

Franken Aufsess 1 verliert mit 2:6, war aber nicht chancenlos. Sowohl Bernd wie auch ich (Bernhard) waren phasenweise einem Sieg nahe, aber nur Nikolai konnte den Sieg wirklich nach Hause bringen. Durch die Niederlage rutscht FA1 auf Platz 8 und ist damit an den Rand der Abstiegszone.

FA2 erreicht mit 2 Siegen (Simon und Andreas Koch) sowie 2 Niederlagen (Barbara und Hendrik) ein Unentschieden und bleibt damit in der Tabellenmitte (Platz 4).

Wie schon die letzte Runde, beginnt auch dieser Spieltag mit einer Panne: Barbara findet ihr Passwort nicht. Sie spielt die Partie deshalb unter einem Alias-Namen.

Go-Bundesliga 3B, Runde 6, 14.02.2020
Franken Aufseß 1 gegen Mecklenburg-Vorpommern United 1 (MV1)

Spielbericht von Bernhard Gaißmaier

Brett 1: Bernhard Gaissmaier (S) – Philip Lindner (W)

Ich (Bernhard) darf heute an Brett 1 mit Schwarz gegen den Leiter der Go-Bundesliga, Philipp Lindner 2d spielen. Zur Vorbereitung hatte ich auf Young Suns YouTube-Seite die AI-Variante des chinesischen Fuseki studiert. Ich hatte die Hoffnung, dadurch vielleicht mit einem kleinen Vorsprung aus dem Fuseki herauszukommen. Aber es kommt ganz anders.

Zwar kann ich die AI-Variante des chinesischen Fuseki spielen, aber Philipp bricht es vorzeitig ab und überlässt es mir, das heikle Timing hinzubekommen. Das schaffe ich leider nicht, so dass das Ergebnis weit schlechter als von mir erwartet ist.

Als er links unten ein Ogeima Shimari spielt, könnte ich oben das Joseki fortsetzen, aber das kommt mir zu langsam vor. Ich greife sein Shimari mit einer AI-Variante an und bin mit dem Ergebnis nicht unzufrieden. Allerdings bleibt eine Schwachstelle übrig. Das AI-Programm hätte sicher rechtzeitig vorgebeugt, bevor die Schwachstelle zum Problem wird. Aber mir wird dieser Defekt später zum Verhängnis.

Danach invadiere ich in die rechte untere Ecke. Ich hätte wegen eines Ajis am rechten Rand leicht leben können, aber dann hätte er ein Moyo bauen können. Das will ich verhindern und laufe ins Zentrum.

Philipp eliminiert erst raffiniert mit Vorhand mein Aji am rechten Rand. Damit ist meine Lebensversicherung futsch und ich renne um mein Leben. Zum Glück für mich ist noch ein bisschen Aji rechts übrig geblieben. Das nutze ich und kann dadurch mit meiner Gruppe ins noch freie Zentrum fliehen.

Philipp reduziert nun mein Gebiet unten. Ich finde eine Sequenz, mit der ich mit Vorhand rauskomme und nutze das, um oben links ein großes Moyo zu bauen. Dadurch stehe ich leicht überlegen. Philipp versucht erst eine Invasion. Als er merkt, dass die scheitert, schwenkt er auf eine Reduktion um. Er setzt mit einer aggressiven Ko-Variante fort. Da er die besseren Drohungen hat, gebe ich nach einigen Droh-Runden klein bei und decke das Ko.

Mir sitzt immer das Damokles-Schwert der Gruppe rechts im Nacken. Ich kann nicht riskieren, dass sie eingeschlossen wird. Nun setzt Philipp aufs Ganze: er startet eine Reduktion unten. Ich antworte ungeschickt und muss mit Entsetzen erleben, wie mir ein Punkt nach dem anderen wegbricht.

Noch eine kleine Ungeschicklichkeit meinerseits, und ich liege uneinholbar mit 7 Punkten hinten.


Brett 2: Dani Amhof (W) – Martin Schmidt (S)

An Brett 2 wählt Dani (mit Weiß) gegen Martin Schmidt 1d ein Shusaku-artiges Fuseki, allerdings mit einem hohen Angriff. Das ist ziemlich exotisch, aber immerhin kennt Waltheri 62 Partien mit dieser Eröffnung. Martin besetzt die 4. Ecke, aber Dani greift auch dort gleich an. (Jetzt gibt es bei Waltheri noch genau 1 Partie von 1976.) Üblicher wäre, das Joseki oben fortzusetzen, weil S dort nicht geantwortet hat.

Bald schwenkt die Partie in ein ruhigeres Fahrwasser ein und entwickelt sich schnell zu einer Moyo-Partie. Mit einer Invasion in die Ecke links oben übernimmt Martin die Initiative und kann anschließend unten rechts ein Shimari machen. Damit steht er leicht überlegen.

Dani will sein Moyo ausbauen, aber Martin reduziert es geschickt. Dani revanchiert sich, indem er die S links oben erobert. Das macht er aber nicht optimal, so dass Danis Steine links unten schwach werden.

Anschließend hätte Dani sein Moyo ausbauen können, entscheidet sich aber für eine Invasion unten. Auch anschließend hätte Dani durch Ausbau des Moyos und seines rechten Randes die Partie noch offen halten können, aber Dani wagt eine Invasion in die Ecke links unten. Dort ist S schon sehr stark, die Invasion geht schief.

Dani sichert seine Steine unten mit Nachhand. Das gibt Martin Gelegenheit, sein Gebiet links weiter zu vergrößern. Dani probiert nun eine Invasion in die rechte untere Ecke. Martin lässt das zu und schwächt dafür Danis Gruppe unten. Dani versucht verzweifelt, die Gruppe zum Leben zu bringen, aber das scheitert.

Danach ist die Partie gelaufen. Dani spielt zwar noch weiter, aber Martin lässt nichts anbrennen und bringt den hohen Sieg sicher nach Hause.


Brett 3: Bernd Sokolowsky (W) – Plamen Petrow (S)

Bernd wählt ein Diagonal-Fuseki gegen Plamen Petrow 1d. Dieser antwortet mit zweimal 5-4. Da wäre ein Angriff auf 3-4 oder 3-3 naheliegend, aber Bernd bevorzugt eine Ausdehnung.

Danach entwickelt sich das Spiel ausgeglichen weiter. Mit Zug 47 hätte Bernd die Führung übernehmen können, aber er lässt sich einschließen und gibt damit Plamen die Gelegenheit, ein Moyo aufzubauen. Bernd wagt anschließend eine Invasion mitten in das Moyo. Plamen umzingelt ihn etwas zu weiträumig, so dass Bernd die Invasionsgruppe sicher zum Leben bringen kann. Aber der Preis ist hoch: Plamen macht rechts unten sehr viel Gebiet und führt dadurch.

Zu Beginn des Endspiels macht Plamen oben einen Fehler, so dass überraschend Bernd ihm die Führung abjagen kann. Aber dann übersieht Bernd ein Aji, so dass Plamen seine Zombies wiedererwecken kann. Bernd gibt mit Recht auf.


Brett 4: Nikolai Nagel (S) – Michael Bull (W)

Nikolai tritt mit Weiß gegen Michael Bull 2k an. Michael spielt aggressiv mit schnellen Zügen, aber die Stellungen bleiben dadurch etwas dünn. Nikolai nutzt das aus, zwingt Michael unten links klein zu leben und kann dafür einen beachtlichen Einfluss aufbauen. Er nutzt ihn, um links ein gigantisches Moyo zu beanspruchen.

Michael kann natürlich nicht zulassen, dass daraus Gebiet wird und startet eine Invasion. Nikolai antwortet geschickt, gibt unten etwas ab und festigt dafür oben sein Gebiet. Wegen des weißen Einflusses unten kann Michael aus der Aktion nur begrenzten Nutzen ziehen.

Michael spielt oben aggressiv weiter, vernachlässigt dabei seine Gruppe links, so dass Nikolai sie einschließen und töten kann. Damit liegt Michael hoffnungslos hinten. Er versucht, oben ein größeres Gebiet zu machen, aber Nikolai nimmt ihm gleich die Ecke ab.

Michael versucht, seine Zombies zu retten, aber Nikolai ist auf der Hut und dreht bald den Spieß um. Michael bekommt zwar rechts einiges Gebiet, aber das kompensiert den Verlust links bei weitem nicht. Nikolai fährt den hohen Sieg ungefährdet nach Hause.


Go-Bundesliga 4B, Runde 6, 14.02.2020: Franken Aufseß 2 gegen Hannover Wölfe

Brett 1: Barbara Harrer (S) – Michael Breuer (W)

Barbara eröffnet gegen Jürgen Breuer 1k ruhig mit 4-4, 3-4. Jürgen unterbricht die Ruhe jäh mit einer Invasion rechts oben. Aber Barbara antwortet ruhig, so dass Jürgen nicht viel erreicht. Allerdings bleibt in der Ecke etwas Aji zurück. Nun spielt Barbara einen Split am unteren Rand. Jürgen antwortet zu aggressiv. Barbara nutzt das geschickt aus und geht dadurch in Führung. Danach jagt sie die Weißen am linken Rand und greift dann die Weißen am rechten Rand an. Dadurch kann sie ihre Führung festigen.

Aber dann will sie zu viel und versucht die W rechts zu töten. W wehrt sich geschickt. Barbara müsste jetzt dringend auf die Sicherung des Gebiets umschalten, aber sie treibt W in ihr Gebiet. Sie übersieht dabei, dass die S rechts akut gefährdet sind. Am Ende leben die W, das S Gebiet unten ist weg und die S rechts sind getrennt und nicht lebensfähig. Ein Scherbenhaufen.

Schade, Barbara war so gut unterwegs. Vielleicht hätte sie noch das eine oder andere Aji versuchen sollen, das es noch an verschiedenen Stellen gab, um das Blatt doch noch zu wenden.


Brett 2: Hendrik Reinke (W) – Arne Steffens (S)

Hendrik tritt mit Weiß gegen Arne Steffens 2k an.

Beide spielen unkonventionelle Züge, die nicht unbedingt überzeugen. Zunächst spielt Arne die Ecke links unten schlecht, so dass dort Hendrik viel zu gut rauskommt. Dann spielt Hendrik einen zweifelhaften Split rechts, damit kann Arne unten viel Gebiet machen.

Beide verkennen zunächst, dass links oben wichtig ist. Schließlich greift Arne dort doch an. Hendrik antwortet nicht gut, aber Arne versäumt es, ihn zu bestrafen. Dadurch kommt Hendrik wieder einmal zu gut raus und führt.

Danach lässt sich Hendrik rechts oben zu einem Sprung in die Ecke hinreißen und gibt damit die Führung gleich wieder ab. Er schwächt dadurch sowohl seine Steine am oberen als auch am rechten Rand. Lela Zero stuft ihn von 62% auf 41% zurück.

Beim Rauslaufen spielt Hendrik ein zweifelhaftes Keima, das Arne sofort schneidet. Jetzt entbrennt ein heißer Kampf. Weiß versucht einen Gegenangriff gegen die Schwarzen links.

Arne könnte die Partie vorzeitig entscheiden, aber er versäumt zwei goldene Gelegenheiten. Dann reagiert Hendrik ungeschickt auf einen Angriff links unten, so dass Arnes Steine am linken Rand mit Vorhand leben.

Hendrik hätte unbedingt so spielen müssen, dass die S nur mit Nachhand leben können. Nun wird die weiße Ecke links unten schwach und die zentrale Gruppe von Weiß lebt noch nicht sicher.

Arne kann seine schwache Gruppe im Zentrum links entscheidend stärken, so dass Hendriks Verzweiflungsangriff scheitert und sogar zum Bumerang wird: S kassiert die halbe Ecke links oben und lebt dadurch absolut sicher.

Hendrik versucht einen Entlastungsangriff rechts unten, aber er ist nicht kraftvoll genug. Die Gewitterwolken über Weiß werden immer schwärzer und bedrohlicher. Hendrik kann zwar seine zentrale Gruppe noch dem Tod entreißen, aber dafür stirbt seine Gruppe rechts. Arne ist nun meilenweit vorne und fährt einen ungefährdeten Sieg in die Scheuer.

Hendriks Kommentar: “Es kam mir während der Partie nicht so deutlich vor, wie der Score am Ende aussagte. Der Sprung in mein Moyo rechts, der die ganze Gruppe dort tötete, war überraschend und sehr schmerzhaft.”


Brett 3: Simon Mayer (S) – Dierk Schmalz (W)

An Brett 3 spielt Simon gegen Dierk Schmalz 3k nach dem Besetzen der 4 Ecken sofort ein hohes Shimari. Weiß antwortet mit einem heute nur noch selten gespielten Split. Simon spielt ruhig weiter, aber dann spielt er links oben ein Joseki falsch und liegt damit leicht hinten.

Das Joseki wiederholt sich links unten. Diesmal hat Simon einen guten Plan: er weicht vom Joseki ab und kann dadurch ein großes Moyo unten bauen. Bald nimmt es furchterregende Dimensionen an.

Dierk kann es etwas reduzieren, aber das reicht bei weitem nicht, um das Spiel zu drehen. Simon gewinnt ungefährdet.


Brett 4: Andreas Koch (W) – Marcus Müller (S)

Andreas spielt schon am Vortag mit Weiß gegen Marcus Müller 5k. Schon früh wird das Spiel durch einen weißen Angriff von außen eine Moyo-Partie. In der linken unteren Ecke spielt Schwarz das Joseki nicht korrekt, das gibt Weiß die Initiative.

Weiß hätte jetzt seinen Einfluss nach rechts nutzen können, um unten eine überlegene Stellung aufzubauen. Aber Andreas hat einen anderen Plan: er spielt ein Tesuji an der rechten Ecke, um etwaige Moyo-Pläne seines Gegners im Keim zu ersticken. Diese Strategie ist nicht besonders einleuchtend, weil damit der Einfluss von Weiß neutralisiert werden und Schwarz einiges Gebiet machen könnte. Aber Marcus antwortet zu vorsichtig, so dass Andreas die Schwarzen unten angreifen und dadurch sein Moyo links oben kräftig ausweiten kann. Jetzt liegt Weiß mit über 20 Punkten vorne.

Marcus merkt nun, dass seine schwarze Gruppe unten etwas wacklig steht und versucht, Augen zu bauen oder sie zu verbinden. Aber er macht das nur halbherzig und schiebt einen Gebietszug oben ein.

Das wäre für Andreas die Chance gewesen, durch einen Angriff unten die Partie vorzeitig zu beenden. Stattdessen startet er eine geschickte Reduktion des S-Gebietes rechts; Schwarz antwortet zu unvorsichtig, so dass Andreas die zentrale Gruppe einschließen kann.

Marcus merkt zu spät, dass die Gruppe nicht lebt. Weiß sieht messerscharf, wie er Schwarz auf 1 Auge begrenzen kann. Eine tolle Analyse von Weiß. Aber dann spielt Andreas übervorsichtig weiter. Das Paradoxe daran ist, dass diese Spielweise unnötig riskant ist.

Andreas hätte sein Gebiet dicht machen können, aber er deckt lieber auf der anderen Seite und lässt Schwarz in sein Gebiet eindringen. Zum Glück findet Marcus kein starkes Aji, so dass die ganze Aktion ins Leere läuft. Die zentrale Gruppe schafft kein zweites Auge.

Zum Schluss verliert Marcus durch Zeitüberschreitung. Aber auch mehr Zeit hätte nichts genützt: Andreas ist auf dem Brett uneinholbar vorne.